Die Philharmonie Hradec Králové und der junge Solist Justus Friedrich Eichhorn verzauberten alle
Das war ja mal ein grandioser Auftakt, oder? Am Dienstagabend starteten die „Mosbacher Klassischen Konzerte“ in die neue Saison mit einem wunderschönen Sinfoniekonzert, das nicht nur erfahrene Klassikfans begeisterte, sondern vielleicht auch einige neue und jüngere Besucher in die Mälzerei gelockt hatte. Denn mit dem erst 15jährigen Pianisten Justus Friedrich Eichhorn hielt dieser Abend einen ganz besonderen Solisten bereit, dessen künstlerischen Werdegang die Mosbacher Konzertfreunde seit seinem ersten Besuch hier mit Interesse verfolgen. Er stand als Hauptakteur im Zentrum des musikalischen Geschehens, eine One-Man-Show sollte das jedoch nicht werden. Dafür sorgte schon die großartige „Philharmonie Hradec Králové“, die unter der Leitung des Schweizer Dirigenten Kaspar Zehnder im ersten Teil mit Mozarts „Prager“ Sinfonie und Dvořáks entzückender „Tschechischer Suite“ op. 39 aufwarteten. Ungewöhnliche Programmabfolge mit einer Sinfonie zu Beginn und einem Solokonzert am Ende, aber absolut stimmig angeordnet. Denn Beethovens letztes und „romantischstes“ Klavierkonzert Nr. 5 wirkt mit seiner Länge und Dramatik wie ein Monolith und füllte die zweite Hälfte komplett aus. Die beiden anderen jeweils deutlich kürzeren Werke bildeten zusammen den ersten Teil, der ganz im Zeichen der Tschechischen Musikkultur stand.
Prag war für Mozart ein großer Erfolg, man feierte dort auch den ernsten, seriösen Mozart, wie er in dieser Sinfonie Nr. 38 aufscheint, die später den Beinamen „Prager Sinfonie“ erhielt. Zeitlich entstand sie genau zwischen seinen beiden Opern „Figaro“ und „Don Giovanni“. Und tatsächlich hört man deren sehr unterschiedlichen Affekte und Tonarten hier bereits anklingen: Den heiteren, witzigen, frechen Figaro in D-Dur - aber auch den tragischen, schwermütigen und düsteren Giovanni in d-moll. Dirigent Kaspar Zehnder und seine Musiker arbeiteten all diese Kontraste wunderschön differenziert heraus: kammermusikalisch filigran in den Bläsern, spritzig und geschmeidig in den Streichern. Es war eine Freude, das mitzuerleben! Zehnder dirigiert ohne „Show“, aber durchaus auch fürs Auge des geneigten Zuhörers: Man sieht, wie besonnen und präzise er größere Spannungsbögen durchstrukturiert und bei aller technischen Finesse sich doch immer auch selbst noch in die Musik hineinlehnen kann. Das war natürlich auch bei der folgenden „Tschechischen Suite“ von Antonín Dvořák zu hören. Sie zitiert auf sehr abwechslungsreiche Weise typische Tänze und Lieder aus der tschechischen Volksmusik. In der „Pastorale“ vermeint man Dudelsack und Hirtenflöten zu hören, die „Romanze“ schimmert dahin mit tollen Soli vor allem im Holz, aber auch die Streicherregister (sogar die Bratschen) dürfen mal alleine ran. Alles ganz filigran instrumentiert ohne Blech, bis zum „furiantischen“ Finale.
Nach der Pause stand dann bereits verheißungsvoll der Flügel mittig auf der Bühne und wartete auf den jungen Tastenzauberer Justus Friedrich Eichhorn, der sich nach seinem überaus herzlichen Begrüßungsapplaus persönlich ans Publikum wandte. Er moderiert gerne in seinen Konzerten, will seine eigene Freude an der Musik mit den Zuhörern teilen. Und das macht er wirklich ganz hervorragend: Frei und ungezwungen findet er den perfekten Ton auch beim Moderieren. Und dann legt er los – aber wie! Bei Beethoven 5 ist der Solist sofort mittendrin, und dieser charmante junge Pianist ist bereits ein Großmeister seiner Zunft und weiß genau, was er tut. Mit seiner lebendigen Körpersprache geht er in der Musik förmlich auf und wird, wenn er gerade nicht spielt, selbst zum faszinierten Zuhörer. Sein Spiel ist kraftvoll und subtil zugleich, voller Energie und Zartheit – eine aufregende Kombination, die es tatsächlich in dieser Ausprägung gar nicht so oft zu hören gibt. Das Orchester begleitete ihn elegant, ließ ihm Platz zum Zaubern - ein wahres Fest für Augen und Ohren! Als Zugabe hatte er zwei der hinreißenden „Fledermaus“ Variationen von Friedrich Gulda mitgebracht, mit denen er sich von seinen begeisterten Fans verabschiedete. Manche hatten vielleicht noch auf eine weitere kurze Zugabe mit ihm und dem Orchester gehofft, aber diesmal blieb es bei dem einen - wenn auch höchst delikaten - Nachtisch.